Weltuntergang

Agnes Thorbecke

Nach Jahren  des Kampfes, des Bangens und des Hoffens stirbt Agnes in diesem Spätsommer 2001. 

Agnes hatte mich damals motiviert, mit meiner Stimme zum Radio zu gehen. Gemeinsam hatten wir die Ausbildung in Nürnberg angetreten und  haben anschließend als Team bei Radio Duisburg gearbeitet. Zehn Jahre lang haben wir geliebt, gelacht und Pferde gestohlen. Auch schon mal gestritten, aber vor allem das Leben gemeistert. Das Sterben gehörte nicht dazu.

An diesem Spätsommertag 2001 räume ich mit befreundeten jungen Leuten die Wohnung aus. An fast jedem Stück hängen Erinnerungen. Es ist kaum mehr auszuhalten. Ich sehe mich irgendwann nicht mehr in der Lage, das alles zu verdrängen. Bevor ich durchdrehe, findet mein Körper eine Lösung. Er schaltet mich auf tot. 

Ich kann zwar noch sprechen und arbeiten. Aber eigentlich bin ich nur noch wie ein Roboter. Emotionslos, leidlich funktionierend, tot. Vielleicht bin ich so auch Agnes ein Stück näher.

9/11

Robin, einer der jungen Leute, die mir beim Ausräumen beistehen, geht sich kurz eine Pizza holen. Als er zurück kommt, ist er völlig aufgelöst. In der Pizzeria war Chaos. Es lief ein Fernseher und der zeigte Nachrichten aus New York. Dort sind Flugzeuge ins World Trade Center gerast. Beide Hochhaustürme sind eingestürzt.

Auf Gomera

Später am Abend sehe ich dann die verstörenden, schrecklichen Bilder im Fernsehen. Durch Agnes Tod und die heutige Wohnungsauflösung bin ich ohnehin schon in einem ziemlich traumatisierten Zustand. Nun starre ich fassungslos auf die Bilder und glaube, mich nicht mehr in einer menschlichen Welt, sondern in einem billigen, absurd lächerlichen Action-Comicfilm zu befinden. Ein Gefühl, das mich lange nicht mehr loslassen wird.