Die Stimme im Radio

Veranstaltungsmoderation

Mit dem Rundfunkstaatsvertrag von 1987 fällt endgültig das öffentlich-rechtliche Monopol. Am 1. April 1990 geht Radio Duisburg als erster Privatsender in NRW auf Sendung.

Die Ausbildung

Der Niedergang meines Arbeitgebers atlas-film zeichnet sich ab. Der boomende Video-Markt macht dem 16mm-Film ernsthafte Konkurrenz. Die ersten Computer tauchen auf und auch hier ist eine Konkurrenz erkennbar – zu meinem Bereich: zum Grafikerhandwerk. Gleichzeitig habe ich aber Erfolg mit meinen Texten. Bei nebenberuflichen Projekten habe ich Ausschreibungen und Wettbewerbe gewonnen. Warum nicht umsatteln? Dann aber mit Fundament! Ich beschließe noch einmal eine Ausbildung anzutreten. Ich will Rundfunkjournalist werden. Da das NRW Rundfunkgesetz als recht schwammig gilt, entschließe ich mich, meine Ausbildung in Bayern, bzw. im fränkischen Nürnberg anzutreten. Die haben schon länger Erfahrung mit dem Privatfunk und allein in Nürnberg konkurrieren fünf Stadtsender miteinander!

Ich hatte die Aufnahmeprüfung zunächst für eine reine Formalie gehalten, doch es finden zwei Tage lang ganztägig Aufnahmeprüfungen statt und bei Antritt der Ausbildung stelle ich dann fest, dass niemand von meinem Prüfungstag in der Jahrgangsklasse mit dabei ist. Nun gut. Die Dozentenstellen sind alle hochklassig besetzt. Ich erinnere mich nicht mehr an all die Namen. Aber da ist zum Beispiel die hübsche, junge Moderationsausbilderin von Antenne Bayern. Wir nennen sie lapidar KMH. Heute ist sie Sportmoderatorin im öffentlich-rechtlichen TV. Aber besonders unser Sprechausbilder hinterlässt einen bleibenden Eindruck bei mir. Eine außergewöhnliche Persönlichkeit: Horst W. Blome.

Rebellion in der Journalistenschule

Nach zwei intensiven Ausbildungsjahren wird es gegen Ende, im Juni 1993, plötzlich brenzlig. Angeblich gibt es nun genug Rundfunkjournalisten in Bayern und die Schule soll demnächst dicht gemacht werden. Leitung und Dozenten wirken nervös und zunehmend gereizt. Sie kündigen einem Kollegen an, dass er eine 5 ins Zeugnis bekäme. Nicht etwa wegen seiner Leistungen, sondern weil er einfach ein wenig schwierig und verhaltensauffällig ist. Ich bin empört und berufe eine Klassenkonferenz ein. Die meisten Kollegen sind ebenfalls empört. Ich schlage vor, dass wir allesamt von einer Benotung absehen. Es soll uns lediglich die Teilnahme bestätigt werden. Dass ich dabei selbst auf eine sehr gute Note verzichte, denn ich gehöre eher zu den besser benoteten Teilnehmern, ist mir in diesem Moment egal. Außerdem macht es mich nur umso überzeugender, wenn ich mit gutem Beispiel vorangehe. Ich argumentiere: Für so eine Note interessiert sich sowieso niemand – wenn es nicht gerade eine 5 ist. Wir müssen uns ohnehin im Senderpraktikum bewähren und nur das entscheidet. Mein Antrag wird einstimmig angenommen.

Mein allererster Radiobeitrag. Noch während der Ausbildung entstanden.

Bei der Verabschiedung gibt mir ein Ausbilder den Tipp, mich in den damals gerade entstandenen Neuen Bundesländern zu bewerben. Dort gebe es noch großen Bedarf und es bestünde die Chance, in kürzester Zeit eine Chefredakteursstelle zu besetzen. Doch davon halte ich nichts. Nach zwei Jahren im Frankenland freue ich mich wieder auf Duisburg. Außerdem finde ich es ohnehin widerlich, wie der Osten zu dieser Zeit durch Karrieristen aus dem Westen ‚geplündert‘ wird.

Die Stimme bei Radio Duisburg

Mitte der 1990er-Jahre wird Journalismus bei den NRW-Lokalradios noch gepflegt und ernst genommen. Von Montag bis Freitag sind zahlreiche Journalisten und Praktikanten in der Stadt unterwegs, um Themen aufzufangen und zu bearbeiten, die den Puls der Stadt ausmachen. (Samstag und Sonntag ist dann Platz für Musiksendungen, Comedy und GaGa, für Trepper und Co)

Als Reporter in Portugal bei einer Hörerreise von Radio Duisburg

Die Arbeit macht Spaß! Mit der Zeit werde ich auch als Moderator eingesetzt und bekomme sogar einen eigenen wöchentlichen Sendeplatz, den ich selber entwerfen kann. Ich konzipiere eine Sendung, die auf den Dialog zu den anrufenden Bürgern setzt. Das war damals noch ziemlich neu. Nebenbei produziere ich auch TV-Beiträge für das NRW-Landesmagazin von RTL. Aber mein Hauptinteresse gilt den Nachrichten. Die waren schon in der Ausbildung mein Lieblingsfach. Ich werde immer öfter eingesetzt und 1995 bin ich für die meisten sicherlich die Nachrichtenstimme bei Radio Duisburg.

Dann plötzlich der Moment, als mir die Chefredakteurin eine Festanstellung anbietet! Natürlich freue mich sehr. Aber will ich wirklich für den Rest meines Lebens Lokalfunker sein? So wohl ich mich bei der Arbeit bei Radio Duisburg fühle, so unwohl fühle ich mich bei dem Gedanken, mich zu binden und nicht mehr offen und beweglich für die großen Veränderungen in meinem Leben zu sein. Ich schlafe eine Nacht drüber, und mir ist klar, dass ich ablehnen muss. Der Tag, bevor Radio Duisburg von der Güntherstraße ins Tausendfensterhaus nach Ruhrort zieht, ist der letzte Tag meiner Stimme beim Sender.

Radio Duisburg – Der Lifesaver

Im September 1993 komplettiert der Lifesaver von Niki de St.Phalle die Duisburger Brunnenmeile. Die Stadt ist darüber in Aufruhr. Für viele Bürger ist das ein Affront. Mehr als ein halbes Jahr später mache ich bei Radio Duisburg eine Sendung darüber. Die Wogen sind längst noch nicht geglättet. Ich spiele den Beitrag meiner Freundin Agnes Thorbecke ein, die die Reaktionen zu Beginn der Aufstellung der Skulptur eingefangen hat.

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