
Im Herbst 1977 liegen die Nerven blank. Die blutigen Höhepunkte des RAF-Terrors führen zu allgegenwärtigen Polizeikontrollen. An den Auffahrten der Nord-Süd-Achse (wie die A59 in Duisburg damals noch heißt) stehen rund um die Uhr Polizisten mit Maschinengewehren. Bewohner von suspekten Wohngemeinschaften werden auf Schritt und Tritt von Zivilpolizisten begleitet, die keine Anstalten machen, sich unauffällig zu geben.
Um diese Zeit, die man später einmal den ‚Deutschen Herbst‘ nennen wird, gibt ein Freund eine große Party im ehemaligen Mehrfamilienhaus seiner Eltern, das leer steht und bald abgerissen werden soll.
Die Party ist hervorragend organisiert. Eine professionelle Anlage sorgt für druckvoll einladende Musik im Tanzraum. Auf der Treppe im obersten Stockwerk steht eine Schaummaschine, die den Schaum die Treppen hinunter bis zur Haustür kleckern lässt. Ein weiterer Raum ist mit reichlich Farben und Spraydosen ausgestattet und die Besucher sind aufgefordert, sich an den Wänden auszutoben.
Ich lasse mich nicht lange bitten. Die Gase der Spraydosen machen mir aber bald zu schaffen. Ich gehe vor die Tür, frische Luft schnappen. Es ist dunkel und kalt in dieser Nacht. Ich habe eine Spraydose in der Hand und mir kommt eine Idee, die ich zu diesem Zeitpunkt noch ganz witzig finde. Ich sprühe an die Hauswand: „Dieses Haus ist besetzt!“
Keine Viertelstunde später wird die Party von Polizisten in voller Anti-Terror-Montur gestürmt und beendet. Maschinengewehre und Chemische Keule. Zwölf meiner Freunde werden verhaftet. Die Gerichtsverhandlungen werden später bundesweit von der Presse begleitet. Die ‚Neumühl-Prozesse„.